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Tutorial Photosynthese - Aufklärung der Primärreaktion der Photosynthese

LMU München
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Wolfgang Zinth

Am Lehrstuhl für BioMolekulare Optik wurden die wesentlichen Teile der Primärreaktion der Photosynthese aufgeklärt. Diese Erkenntnisse beantworten die Frage, wie die Natur die Umwandlung von Sonnenenergie in chemische Energie gelöst hat.

Prinzipieller Ablauf der Photosynthese:

Bei der Photosynthese wird Sonnenlicht von Pflanzen oder Bakterien absorbiert und über eine komplexe Reaktionskette in chemische Energie umgewandelt [1]. Diese Vorgänge gruppiert man in Lichtreaktionen und Dunkelreaktionen (wobei letztere nicht in unserer Forschungsgruppe bearbeitet werden). In der Lichtreaktion erfolgt nach Absorption von Photonen ein Elektronen- Transport, der einen Protonengradienten (Spannung) über eine Membran herstellt, der wiederum zur Synthese energiereicher Verbindungen (ADP, NADH, ...) verwendet wird. Mit diesen Verbindungen erfolgt dann in der Dunkelreaktion (Schlagwort Calvin-Zyklus, Links bei den Referenzen) die Fixierung von CO2 und die Synthese von Zuckerverbindungen als Langzeit- Energiespeicher. Summarisch faßt man die komplexen Vorgänge der Photosynthese mit einer Reaktionsgleichung zusammen:




Bild 1: Schema der Photosynthesereaktionen
Lichtreaktionen

In biologischen Systemen sind photosynthetische Einheiten, die in Membranen eingebaut sind mit den Vorgängen der Lichtreaktion betraut. In diesen photosynthetischen Einheiten sind Antennenkomplexe und Reaktionszentren (Photosystem 1 und 2) zusammengefaßt.

Antennenkomplexe

In den Antennenkomplexen sorgen viele, in Proteinen gebundene Farbstoffmoleküle dazu, daß möglichst viel Licht absorbiert wird. Die effiziente Absorption wird durch drei Mechanismen sichergestellt:

  1. Eine große Anzahl von Farbstoffmolekülen
  2. Stark absorbierende Farbstoffe (großer Absorptionsquerschnitt)
  3. Variable und breite Absorptionsbanden, damit möglichst das gesamte Sonnenspektrum genutzt wird.

Daneben ist es eine wichtige Aufgabe der Antennen, die absorbierte Energie verlustarm (das bedeutet schnell, da die elektronische Energie innerhalb von etwa einer Nanosekunde in Wärme umgewandelt wird) an die reaktiven Systeme (Reaktionszentrum) weiterzugeben, in denen die eigentliche Energiewandlung aus elektronischer Energie in einen Potentialgradienten erfolgt. Für diese Aufgabe sind die einzelnen Antennenproteine hoch organisiert um die Reaktionszentren angeordnet, sodaß die Anregungsweitergabe über nahe benachbarte Farbstoff schnell erfolgen kann.




Bild 2: Schematischer Aufbau und Prinzip
der Energieweitergabe in Antennenkomplexen
Reaktionszentren

In komplexen Membran-gebundenen Proteinen, den Reaktionszentren oder Photosystemen erfolgt die eigentliche Wandlung und erste Speicherung von Lichtenergie (elektronischer Energie) durch Verschiebung von Ladungen. In der Photosynthese von Pflanzen werden dabei zwei Typen von Reaktionszentren, Photosystem 1 und 2 in 'Serie' eingesetzt und somit relative hohe Spannungen (in der Chemie spricht man von Redoxpotentialdifferenzen) erzeugt. Diese Systeme erlauben deshalb die Wasserspaltung und Sauerstoffproduktion. Vom Standpunkt eines Physikers, der die grundlegenden Vorgänge verstehen will, besitzen die pflanzlichen Systeme aber einen gravierenden Nachteil: Antennenkomplexe und Reaktionszentren lassen sich bei pflanzlichen System nicht vollständig voneinander trennen. Als Modellsystem bietet sich aber das Reaktionszentrum der bakteriellen Photosynthese an, das sich vollständig von den Antennenkomplexen abtrennen läßt und große strukturelle und funktionelle Ähnlichkeiten zu den Photosystemen 1 und 2 besitzt.




Bild 3: Schematische Darstellung der Photosysteme



Bild 4: Aufbau des Reaktionszentrums

Das Reaktionszentrum (wir haben Reaktionszentren aus verschiedenen Organismen untersucht) besitzt ein Molekulargewicht von ca. 100 000. Es besteht aus ca. 20 000 Atomen die in 4 Proteinuntereinheiten, 6 Farbstoffen und 2 Chinonen eingebaut sind. Die Farbstoffe übernehmen dabei die Funktion von Lichtabsorbern und Elektronenträgern. Das Protein stellt eine starre Struktur zur Verfügung, die die Elektronenträger (Farbstoffe) exakt (es zählen Bruchteile eines Angströms) an die benötigte Position stellt und über ihre dieelektrischen Eigenschaften den Elektronentransfer stark beeinflußt. Für den Elektronentransfer wichtig sind die Farbstoffe Bakteriochlorophyll und Bakteriophäophytin, sowie als Elektronenakzeptoren die beiden Chinone. In der Abbildung 5 sind die relevaten Farbstoffe ohne Protein dargestellt: Der Elektronentransfer wird durch die Anregung des exzitonisch gebundenen Paares von Bakteriochlorophyll Molekülen (Special Pair P) durch Licht oder elektronischer Energie aus den Antennen gestartet. Von dort wird eine Elektron über die Farbstoffe in dem rechten Chromophorzweig, das Bakteriochlorophyll BA und das Bakteriophäophytin HA an das Chinon QA weitergegeben. Während die Primärreaktion ca. 200 ps dauert, erfolgen die weiteren Transferschritte zum Chinon QB auf einer um Größenordnungen langsameren Zeitskala. Die Bedeutung des rechten Zweiges für den Transfer hatte sich schon sehr früh bei spektroskopischen Untersuchungen an kristallisierten Reaktionszentren herausgestellt. Es zeigte sich dabei, daß in den damals verwendeten Kristallen, bei denen das Chinon QB fehlte, der Elektronentransfer wie gewohnt ablief [2] [3].


Bild 5: Anordnung der Elektronenträger im Reaktionszentrum


Ultraschnelle Elektronentransferreaktionen

Über viele Jahre war die genaue Abfolge der Elektronentransferschritte in der Primärreaktion unverstanden und kontrovers diskutiert worden. Basierend auf Ergebnissen von 1985 wurde angenommen, daß das Elektron in einem Schritte direkt vom Special Pair P zum Bakteriophäophytin HA transportiert wird [4]. (Der Transfermechanismus ohne Verwendung des zwischenliegenden Bakteriochlorophyll Moleküls als Elektronenträger wird Superexchange Transfer bezeichnet). Dies hätte wesentliche Konsequenzen dafür, wie die Natur die Optimierung der photosynthetischen Energiewandlung vornimmt. So wurde diskutiert, daß das Prinzip eines Superexchange Mechanismus besonders günstig bei der Nutzung der Energie und der Vermeidung von Rückreaktionen sei. Erst später hat sich dann herausgestellt, daß diese Überlegungen nicht zutrafen. In Messungen die unsere Gruppe im Jahr 1988 durchgeführt hatte [5]-[10] und die seitdem in umfangreichen Untersuchungen vervollständigt und ausgeweitet wurden, konnten wir feststellen, daß in Realität KEIN Superexchangemechanismus für den ersten Schritt vorliegt, sondern das Elektron schrittweise über benachbarte Elektronenträger weitergegeben wird. Die primäre Ladungstrennung erfolgt also in 3ps durch einen Elektronentransfer von Special Pair P zum Bakteriochlorophyll BA . Der zweite Transferschritt ist schneller (dies hatte seine Beobachtung in den früheren Untersuchungen verhindert) und bringt das Elektron im 0.9ps zum Bakteriophäophytin HA. Die Beobachtung dieser 0.9ps-Zeit und die Spektren, die mit dieser Zeit verbunden waren, bewiesen den stufenweisen Elektronentransfer.





Bild 6: Erste Ergebnisse aus Ultrakurzzeitmessungen, die die Existenz einer 0.9ps Komponente in den Pikosekunden Absorptionsänderungen klar aufzeigten und so das Vorliegen eines stufenweisen Elektronentransfers bewiesen [5].


In Messungen an mutierten Reaktionszentren und an Reaktionszentren mit ausgetauschten und veränderten Farbstoffmolekülen konnte diese Modell untermauert werden. Zusätzlich konnte die energetische Lage des Zwischenzustandes P+BA-, bei dem das Elektron sich beim Bakteriochlorophyll BA befindet, gemessen werden [8]. Wie für einen Zwischenzustand erwartet, liegt P+BA- leicht unterhalb des elektronisch angeregten Donors P*. In der Zwischenzeit konnten wir zeigen, daß alle Teile der Primärreaktion in nativen Reaktionszentren bei tiefen Temperaturen beschleunigt ablaufen und hier extrem hohe Reaktionsgeschwindigkeiten auftreten [9] [10], für die eine konventionelle theoretische Beschreibung nicht mehr angemessen ist. Außerdem zeigen die Untersuchungen, daß der Elektronentransfer von kleinsten Strukturänderungen stark beeinflußt werden kann. Dies eröffnet neue Möglichkeiten für das Design molekularer Elektronik. Unsere gegenwärtigen Arbeiten beschäftigen sich mit diesen, hoch interessanten Aspekten.

Ultraschneller Elektronentransfer und Optimierung

Zusammenfassend kann die photosynthetische Primärreaktion folgendermaßen beschrieben werden [9] [10]:

Der Elektronentransfer wird durch die elektronische Anregung des Bakteriochlorophyll Paars P gestartet. In 3ps wird das Elektron zum Bakteriochlorophyll BA weitergegeben, von dort erfolgt mit 0.9ps die schnellste Reaktion, der Transfer des Elektrons zum Bakteriophäophytin HA.



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Die Frage stellt sich nun, warum die Natur den stufenweisen Elektronentransfer mit sehr hohen Reaktionsgeschwindigkeiten im Zuge der Evolution entwickelt hat? Wie bei anderen Evolutionsvorgängen können wir davon ausgehen, daß auch das Reaktionszentrum optimiert wurde. Diese Optimierung betrifft in erster Linie die Umsetzung von Lichtenergie in eine Ladungstrennung mit höchster Effizienz. Wir können dabei zwei Kriterien angeben [9]:

1. Optimale Quantenausbeute: Die Energiewandlung erfolgt durch einen Elektronentransport und die angeschlossene Reaktion des Elektrons mit dem Zwischenträger Chinon. Dazu muß das Elektron am Chinon ankommen. Die photosynthetischen Reaktionszentren erreichen hier Quantenausbeuten von über 95%.

2. Optimale Energienutzung: Das Elektron muß für die Reaktion mit dem Chinon ausreichend Energie (Redoxpotential) besitzen. Außerdem sollte die gebundene Energie ausreichen, die anschließenden Reaktionen zu ermöglichen.

Der Aufbau und die realisierte Energetik im Reaktionszentrum sind ganz wesentliche Voraussetzungen für die Erfüllung beider Optimierungskriterien:

a. Der stufenweise Elektronentransfer über nahe benachbarte Farbstoffe erlaubt eine sehr schnelle Ladungstrennung in ca. 4ps über große Abstände (15 Angström) mit einer ausreichenden (aber nicht zu großen) Energieabsenkung (ca. 0.25 eV). Dadurch wird die direkte Rekombination aus P* in den Grundzustand P (typische Zeiten für die Konkurrenzreaktion liegen bei 100ps), die Rückreaktion der Anregung in die Antenne und die Rekombination des Radikalpaars durch Elektronenrücktransfer zu P verhindert. Die Konzeption des Reaktionszentrum hin zum schnellstmöglichen Elektronentransfer in einer Reaktionskette ist also eine Grundvoraussetzung für die Optimierung. Nach dem Transfer zum Chinon QA wird durch weitere Energieabsenkung und räumlich weiterreichende Ladungstrennung eine Speicherung der Energie auf der Millisekunden Zeitskala sichergestellt.

b. Nach dem Transfer zum Chinon QA ist noch ausreichend Energie gespeichert, um das Elektron zum Chinon QB zu transportieren und dort zu binden. Man kann mit den molekularen Gegebenheiten (Zerfallszeit von P* und Reaktionszeit aus Chinon QA- bzw. P+) die optimale Energienutzung mit der Absenkung des Zustandes P+QA- in Verbindung bringen. Dabei stellt sich heraus, da/szlig; das Reaktionszentrum hier Energie 'verschenkt' um optimale Quantenausbeute sicherzustellen.

Ein weiteres Optimierungsprinzip hat sich bei unseren Untersuchungen herausgestellt: Die Messungen an einer Reihe von mutierten Reaktionszentren zeigten, daß Veränderungen die Effizienz zwar reduzierten, daß aber in vielen Fällen immer noch große Quantenausbeuten auftraten. Dies deutet darauf hin, daß das photosynthetische Reaktionszentrum sehr wohl in der Lage ist mit spontanen Mutationen zu überleben. Ohne eine gewisse Toleranz gegenüber diesen Veränderungen, könnte die Optimierung in der Evolution nicht erfolgt sein. Diese Toleranz wird offensichtlich dadurch sichergestellt, daß der Elektronentransfer über mehrere Zwischenstufen ein so hohes Maß an Redundanz besitzt, daß Fehler dabei ausgeglichen werden können.




Literatur

Links zu Photosynthesekursen:
  1. D.W. Lawlor
    Photosynthese, Thieme Verlag Stuttgart
  2. W. Zinth, W. Kaiser, H. Michel
    Efficient photochemical activity and strong dichroism of single crystals of reaction centers from Rhodopseudomonas viridis,
    Biochim. Biophys. Acta 723 (1983) 128
  3. W. Zinth, E.W. Knapp, S.F. Fischer W. Kaiser, J. Deisenhofer, H. Michel
    Correlation of structural and spectroscopic properties of a photosynthetic reaction center,
    Chem. Phys. Lett. 119 (1985) 1
  4. J.L. Martin, J. Breton, A.J. Hoff, A. Antonetti
    Proc. National Acad. Science USA, 83 (1986) 957
  5. W. Holzapfel, U. Finkele, W. Kaiser, D. Oesterhelt, H. Scheer, H.U. Stilz, W. Zinth
    Observation of a bacteriochlorophyll anion radical during the primary charge separation in a reaction center,
    Chem. Phys. Lett. 160 (1989)1
  6. W. Holzapfel, U. Finkele, W. Kaiser, D. Oesterhelt, H. Scheer, H.U. Stilz, W. Zinth
    Initial electron transfer in the reaction center from Rhodobacter sphaeroides,
    Proc. National Acad. Science USA , 87 (1990) 5168-5172
  7. T. Arlt, S. Schmidt, W. Kaiser, C. Lauterwasser, M. Meyer, H. Scheer and W. Zinth
    The accessory bacteriochlorophyll: A real electron carrier in primary photosynthesis,
    Proc. Natl. Acad. Sci. USA, Vol. 90 (1993) 11757-11761
  8. S. Schmidt, T. Arlt, P. Hamm, H. Huber, T. Nägele, J. Wachtveitl, M. Meyer, H. Scheer, W. Zinth
    Energetics of the primary electron transfer reaction revealed by ultrafast spectroscopy on modified bacterial reaction centers,
    Chemical Physics Letters 223 (1994) 116 - 120
  9. W. Zinth, T. Arlt, J. Wachtveitl
    The Primary Processes of Bacterial Photosynthesis - Ultrafast Reactions for the Optimum Use of Light Energy,
    Ber. Bunsenges. Phys. Chem. 100 (1996) 1962 - 1966
  10. W. Zinth, P. Huppmann, T. Arlt, J. Wachtveitl
    Ultrafast Spectroscopy of the Electron Transfer in Photosynthetic Reaction Centres: Towards a Better Understanding of Electron Transfer in Biological Systems,
    Phil. Trans. R. Soc. .Lond. A 356 (1998) 465 - 476


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Letzte Änderung: 2016-11-18 09:43
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