In Zusammenarbeit mit Gruppen an Max-Planck-Instituten in Martinsried und Dortmund konnten an der Sektion Physik,
Lehrstuhl BioMolekulare Optik, mit extrem kurzen Femtosekundenlichtimpulsen erstmalig die lichtinduzierten Initialreaktionen
von Lichtsensoren der Archae-Bakterien charakterisiert werden. An den beiden Lichtsensoren Sensorrhodopsin (SR) I und II
wurden extrem schnelle Vorgänge gefunden, die teilweise im Femtosekundenbereich liegen. Als Ergebnisse der
Grundlagenforschung aus dem Grenzgebiet zwischen Physik, Chemie und Biologie verbessern sie wesentlich das Verständnis
von Retinalproteinen. Die neuen Erkenntnisse können auch zur Optimierung von Schaltern für optische
Informationsverarbeitungssysteme eingesetzt werden. Die Veröffentlichung wird ab Januar 2001 im Internet
zugänglich sein. (I. Lutz, A. Sieg, A. A. Wegener, M. Engelhard, I. Boche, M. Otsuka D. Oesterhelt, J. Wachtveitl, W. Zinth;
"Primary reactions of sensory rhodopsins", Proc. Natl. Acad. Sci USA, 2001).
Sensorrhodopsine steuern Archae-Bakterien weg von schädlicher UV-Strahlung hin zu Bereichen mit photosynthetisch aktivem gelben
Licht. Diese "Augen" von Archae-Bakterien sind Retinalproteine, bei denen Licht eine Formänderung (Isomerisation) des Farbstoffs
Retinal verursacht. Diese Isomerisation löst dann weitere Schritte im Reaktionszyklus dieser Proteine aus. Die neuen
Untersuchungen zeigen an beiden Sensorrhodopsintypen SR I und SR II ultra-schnelle Reaktionen im Zeitbereich zwischen 100 fs
(100 Femtosekunden sind 10-13s) und 50 ps (50 Picosekunden sind 50 10-12s). In diesen Primärreaktionen
triggert das absorbierte Photon zuerst extrem schnelle (ca 100 fs) Molekülbewegungen im elektronisch angeregten Zustand des Retinals.
Danach erfolgt der etwas langsamere aber immer noch ultraschnelle übergang in das erste Grundzustandsprodukt (400fs bei SR II
und 4ps/33ps bei SR I). Bei dieser Reaktion treten erhebliche Unterschiede zwischen den beiden Sensorrhodopsinen auf, die auf die
unterschiedliche Ladungsverteilung im Protein zurückgeführt werden. Die neuen Erkenntnisse zeigen nicht nur die Abfolge
der Primärreaktionen, sie verdeutlichen auch, welche Einflüsse die primäre Reaktion steuern und beweisen, dass kein
direkter Zusammenhang zwischen der Absorptionswellenlänge (SR I absorbiert im gelben, SR II im blauen) und primärer
Reaktionsgeschwindigkeit besteht. Als Ergebnisse der reinen Grundlagenforschung sind diese Informationen zunächst wichtig
für das Verständnis anderer Retinalproteine wie z.B. dem Rhodopsin, dem Sehfarbstoff des Menschen. Der
verbesserte Einblick in die Reaktionsabläufe erlaubt es aber auch, die Optimierung des Retinalproteins Bakteriorhodopsin als
maßgeschneiderter optische Schalter für die Datenverarbeitung, die Datenspeicherung und die Sicherheitstechnik weiter fortzuführen.
|
Bild 1: Reaktionszyklen der untersuchten Sensorrhodopsine mit den neu aufgeklärten, ultra-schnellen Primärreaktionen |
|
|
Bild 2: Zeitverlauf der lichtinduzierten Absorptionsänderungen des "Sehproteins" Sensorrhodopsin SRII im Femto-
und Pikosekundenbereich, aus dem die Abfolge der Primärreaktionen bestimmt werden konnte. |
|