Spektrale Rekonstruktion von Akkretionsscheiben kataklysmischer Veränderlicher mittels Maximum Entropie Methoden und genetischen Algorithmen

A. Bobinger


Zusammenfassung

Kataklysmische Veränderliche sind ein ideales Laboratorium zur Untersuchung der Physik von Akkretionsphänomenen. Diese spielen in der Astrophysik, zum Beispiel bei der Bildung protostellarer und protoplanetarer Scheiben, eine Schlüsselrolle. Vorgänge in aktiven Galaxienkernen und in kataklysmischen Veränderlichen gehorchen der gleichen Akkretionsphysik. Die grundsätzlichen Mechanismen der Scheibendynamik, wie z.B. der Drehimpulstransport oder das Auftreten von Spiralstrukturen, und die Physik der Scheibenviskosität sind bisher noch immer ungenügend verstanden. Es ist deshalb notwendig, verläßlichere Methoden zu entwickeln, die einen tieferen Einblick in das Verhalten von Akkretionsscheiben ermöglichen.

Im Rahmen dieser Arbeit wurden die Möglichkeiten zur Untersuchung der Physik von Akkretionsphänomenen entscheidend verbessert. Dies geschah zum einen durch eine dreidimensionale Erweiterung des Eclipse-Mapping Algorithmuses, zum anderen durch Einführung neuer Randbedingungen zur Lösungsfindung mit Hilfe von Maximum-Entropie Methoden. Darüberhinaus wurde mit genetischen Algorithmen ein völlig neuartiges Verfahren zur Rekostruktion von Akkretionsscheiben entwickelt. Aufgrund seines evolutionären Charakters führt dieses Verfahren zwar zu einem höheren Zeitaufwand, zeigt sich aber in seiner Robustheit und einfachen Anwendung vielfach überlegen.

Diese erarbeiteten Methoden wurden auf Beobachtungsdaten des kataklysmischen Veränderlichen IP Peg vergleichend angewandet. Aufgrund der simultanen spektralen und zeitlichen Auflösung des zur Beobachtung verwendeten Spektralphotometers war eine besonders detaillierte Untersuchung der Akkretionsscheibe möglich. So konnte eine bevorzugte Emission im Kontinuum aus der Region des Heißen Flecks nachgewiesen werden. Der Ursprung der Linienemission in H-Gamma, H-Beta und H-Alpha wurde vor allem in der Scheibe lokalisiert. Im Gegensatz zu früheren Annahmen ergibt die Rekostruktion der Akkretionsscheibe in diesen Linien eine asymmetrische Intensitätsverteilung.

Maximum-Entropie- und genetische Rekostruktionen liefern, die globalen Struktur betreffend, durchaus vergleichbare Ergebnisse. Das neuentwickelte genetische Verfahren zeigt seine Stärke darüberhinuas in seiner verbesserten Behandlung fehlerhafter Daten und beobachtungsbedingter Datenlücken.

Zeitraum:

Durchgeführt von November 1994 bis Februar 1999.

Literatur:


Bobinger,A., 2000:
``Genetic eclipse mapping and the advantage of black sheep'', Astron. Astrophys., (in press).

Bobinger,A., 1999: Spektrale Rekonstruktion von Akkretionsscheiben kataklysmischer Veränderlicher mittels Maximum Entropie Methoden und genetischen Algorithmen, Dissertation an der Universitäts-Sternwarte München.

Bobinger,A., Barwig,H., Fiedler,H., Mantel,K.H., Simic,D., Wolf,S., 1999:
``Double Dataset Eclipse Mapping of IP Peg'' [zipped PS-file 680465 bytes], Astron. Astrophys., 348, 145.

Wolf,S., Barwig.H., Bobinger,A., Mantel,K.H., Simic,D., 1998:
``A comprehensive study of multi-emission sites in IP Peg'' [zipped PS-file 829417 bytes], Astron. Astrophys., 332, 984.

Simic,D., Barwig,H., Bobinger,A., Mantel,K.H., Wolf,S., 1998:
``Spectroscopic and spectrophotometric studies of V2301 Oph - I. The high accretion state'' zipped PS-file [886878 bytes], Astron. Astrophys., 329, 115.

Bobinger,A., Horne,K., Mantel,K.H., Wolf,S., 1997:
``Eclipse Maps of the Dwarf Nova IP Peg on the Decline from Outburst'' [zipped PS-file 645841 bytes], Astron. Astrophys., 327, 1023.

Förderung:

Dieses Projekt wurde gefördert durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG-Kennz. Ma1693/4-1, Ma1693/4-2).


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mailto: Karl-Heinz Mantel
Last modified: Mon Nov 27 12:34:52 MEZ 2000